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Energiewirtschaft im Wandel - Direktvermarktung mit der Marktprämie erneuerbarer Energien

Kleine, agile Unternehmen haben die Chance genutzt und sich einen großen Marktanteil in der Direktvermarktung erarbeitet.

 


Einleitung


Dass die Energiewirtschaft im Umbruch ist, dürfte sich herumgesprochen haben. Viele große, traditionsreiche Unternehmen tun sich mit den sich ändernden Marktbedingungen allerdings schwer. Energiewirtschaftlichen Unternehmen bleibt nichts anderes, als ihre Komfortzone zu verlassen um sich den neuen Gegebenheiten zu stellen. Hierzu müssen althergebrachte Geschäftsmodelle und Organisationsstrukturen hinterfragt werden. Dies soll am Beispiel der Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell betrachtet werden.


Was ist Direktvermarktung?


Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) [1] war in den letzten Jahren recht erfolgreich, wenn es um den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland geht. So waren Ende 2012 ca. 24 GW Photovoltaik- und 29 GW Windkraftanlagen sowie 5 GW Biomasseanlagen installiert [2]. Laut Bundesnetzagentur waren zum Stichtag Ende August 2013 bereits 34,7 GW Photovoltaik-Anlagen installiert [4]. Eine Steigerung von rund 68%. Der Bundesverband Windenergie gibt für Ende 2012 über 31 GW als installierte Größe an [3]. Bei der Windenergie verstetigt sich das Wachstum. Die Erneuerbaren Energien haben im Jahr 2012 rund 23% des benötigten Stroms bereitgestellt [12], Tendenz steigend.


Ein rasantes Wachstum, welches nicht ohne Folgen für den Markt ist. An dieser Stelle soll es aber nicht um die Auswirkungen der Erneuerbaren Energien auf die Großhandelsmärkte gehen. Vielmehr soll die Direktvermarktung erneuerbarer Energien nach dem Marktprämienmodell vorgestellt werden.


Ursprünglich sah das EEG vor, dass die Strommengen aus erneuerbaren Energien, welche nach dem EEG gefördert und vergütet werden, von den Netzbetreibern am Spotmarkt [9] vermarktet (sprich: verkauft) werden. Hierbei besteht jedoch kein Anreiz, Strom aus erneuerbaren Energien dann in das Stromnetz einzuspeisen, wenn es auch eine hohe Nachfrage nach Strom gibt.


Um die Erneuerbaren besser in den Markt zu integrieren, wurde vom damaligen Umweltminister Norbert Röttgen das Marktprämienmodell vorgeschlagen [5]. Das Marktprämienmodell sieht vor, dass ein Anlagenbetreiber monatlich entscheiden kann, ob er seine Anlage selbst vermarkten oder über das EEG vergüten lassen will. Hat sich der Anlagenbetreiber entschieden, die Anlage über das Marktprämienmodell zu vermarkten, erhält er zusätzlich zum aktuellen Marktpreis eine fixe Managementprämie und eine Marktprämie.


Bei dieser Entscheidung gilt es die Chancen und Risiken abzuwägen. Bei durchschnittlich hohen monatlichen Marktpreisen hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, mehr Gewinn als über die EEG Vergütung zu erzielen. Ist der durchschnittliche Marktpreis an der Börse gering, läuft der Anlagenbetreiber Gefahr, weniger als die EEG Vergütung zu erhalten. Um den Mehraufwand zu honorieren und das zusätzliche unternehmerische Risiko zu mindern, wurde die Managementprämie sehr üppig ausgestattet.


Seit wann gilt das Marktprämienmodell?


Vorgestellt wurde das Marktprämienmodell Anfang 2011, beschlossen Mitte 2011 und Anfang 2012 trat es pünktlich zum 1. Januar in Kraft. Auf der Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber [10] wird veröffentlicht, wie viele Anlagen zur Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell bei der Bundesnetzagentur bisher angemeldet wurden [6].


Schon zu Beginn des Marktprämienmodells waren im Januar 2012 über 12 GW der installierten Windkraftanlagen für diese Form der Direktvermarktung gemeldet. Im Laufe des Jahres 2012 wurde diese Zahl fast verdoppelt. Für November 2013 sind nun über 26 GW Windkraftanlagen im Marktprämienmodell gelistet. Das sind weit über 70% der Windkraftanlagen!


Wer sind die Platzhirsche? Und wer fehlt?


Das Marktprämienmodell mit seiner üppigen Ausstattung für die Managementprämie von anfangs 1,2 ct/kWh im Jahr 2012 und bis zu 0,75 ct/kWh für das Jahr 2013 war offensichtlich ein sehr lukratives Geschäft. Zum Vergleich: Am EEX Großhandelsmarkt für Terminkontrakte wird Strom für das Jahr 2014 für ca. 3,7 ct/kWh gehandelt; Endkunden bekommen die Kilowattstunde Strom im Jahr 2013 für durchschnittlich 28 ct/kWh.


Nun ist es (noch) nicht so, das jeder Anlagenbetreiber seine Wind- oder Solarkraftanlage an der Strombörse selbst anbieten kann. Hierzu sind unter anderem ein Marktzugang, ein Bilanzkreis und eine verlässliche Prognose der Erzeugung notwendig.


Anlagenbetreiber, welche sich für das Marktprämienmodell entscheiden, können die Direktvermarktung allerdings auch von Dienstleistern vornehmen lassen. Eine ganze Reihe von Unternehmen der Energiewirtschaft können diese Dienstleistung anbieten. Ein neues Geschäftsmodell war entstanden.


Da die Managementprämie von Jahr zu Jahr sinkt, galt es (wie in vielen anderen neuen Märkten auch) vorne mit dabei zu sein, um hohe Umsätze in der Anfangszeit und einen großen Marktanteil zu erzielen. Wird ein großes Portfolio in der Direktvermarktung gehandelt, so fallen Erzeugungsprognosefehler, welche bei fluktuierenden Anlagen nicht ganz vermeidbar sind, weniger ins Gewicht. Grund hierfür ist der sogenannte Portfolioeffekt: einzelne Fehlprognosen mitteln sich gegenseitig aus. Auch ein schlanker und schneller Prozessablauf, von der Ansprache eines Anlagenbetreibers bis zur eigentlichen Direktvermarktung und Abrechnung, ermöglicht einen höheren Gewinn.


Die Vorlaufzeit, von der Veröffentlichung der Pläne zur Einführung des Marktprämienmodells bis zum Startschuss im Januar 2012, war gering. Dies erforderte von den Unternehmen ein hohes Maß an Schnelligkeit. Einen Vorteil hatten hier flexible Unternehmen mit schnellen Entscheidungswegen, schlanken Organisationsstrukturen und einem hohen Maß an Kundenorientierung.


Betrachtet man die Verteilung der Marktanteile, dann fällt auf, dass es nicht die großen Vier (Eon, RWE, EnBW und Vattenfall) waren, die diesen Markt für sich erschlossen haben. Es waren vielmehr kleinere Unternehmen wie die Statkraft und Trianel [8] die hier ihre Chance erkannt und genutzt haben. So hatte die Statkraft mit weniger als 200 Mitarbeitern Ende 2012 einen Marktanteil von ca. 30% bei der Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell [7].


Ursachenforschung


Märkte ändern sich. Der Energiemarkt ist einem starken regulatorischen Einfluss seitens der Politik unterworfen. Stetige Veränderungen sind an der Tagesordnung. Neue Marktopportunitäten tun sich im Rahmen der Energiewende kontinuierlich auf.


Es drängt sich die Frage auf, warum die großen Energieversorger, die doch alle technischen Voraussetzungen wie z.B. einen Marktzugang vorweisen konnten, diesen neuen Markt nicht gleich zu Beginn für sich entdeckt haben. Was waren die Ursachen? Selbstverständlich lässt sich kein Unternehmen gerne in die Karten schauen, vor allem wenn der Wettbewerb schneller war. Sicherlich lag es nicht an zu geringen Gewinnpotentialen. Gerade die großen Unternehmen haben an den sinkenden Großhandelsmarktpreisen zu knabbern und hätten sich durch die Direktvermarktung neue Umsätze erschließen können.


Wahrscheinlicher ist es, dass auch die großen Energiekonzerne das Marktpotential richtig eingeschätzt haben, aber aufgrund der internen Strukturen und Prozesse nicht schnell genug Angebote für die Anlagenbetreiber unterbreiten konnten. Abgesehen von internen Vorgaben und Prozessen ist gut vorstellbar, dass einzelne Unternehmensbereiche wie Handel und Vertrieb, mehr Zeit zur Abstimmung benötigt hätten. Schließlich muss bei einem Marktpotential dieser Größe vertraglich geklärt sein, wer wie viel zu leisten hat und wie die Gewinne im Konzern zu verrechnen sind. Wer ist Cost Center? Wer ist Profit Center? Woher soll man auch die Mitarbeiter nehmen? Es sind ja hierfür keine Planstellen vorgesehen und andere wichtige Aufgaben wie Reports dürfen nicht vernachlässigt werden. Zudem ist in der Unternehmensstrategie eine Direktvermarktung nach Marktprämienmodell nicht vorgesehen. Überhaupt wäre es neu, als Vertrieb Anlagenbetreiber anzusprechen. Hatte man doch in der Zeit vor der Energiewende den Kunden Strom verkauft und nicht umgekehrt. Auch im Handel ist es ungewöhnlich, viele kleine und fluktuierende Anlagen in einem Portfolio zusammenzufassen, war man doch bisher gewöhnt, große Kraftwerke zu verwalten und unter bekannten Rahmenbedingungen zu optimieren.


Was können Unternehmen lernen?


Kleinere Unternehmen hatten offensichtlich nicht oder weniger mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ihnen gelang es in relativ kurzer Zeit, die Bedürfnisse der Anlagenbetreiber zu erfassen, ein attraktives Produkt auf den Markt zu bringen und neue Kunden zu gewinnen.  Sicherlich hatten sie hierbei eine steile Lernkurve und viele Prozessschritte waren anfangs prototypisch umgesetzt.


Unterm Strich kann man festhalten, dass bei der Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hatten, welche die Kundeninteressen zu keinem Zeitpunkt aus den Augen verloren haben, die schnell und unbürokratisch Entscheidungen treffen konnten und die kreativen Potentiale ihrer Mitarbeiter nutzen konnten.


Zukünftig werden sich auch weitere Marktopportunitäten im Rahmen der Energiewende auftun. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass auch dann wieder die agilen und kundenorientierten Unternehmen ganz vorne dabei sein werden.

 

Krischan Keitsch

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